04. September 2020

Offener Brief an die Bayreuther Stadträtinnen und Stadträte

Die Stadt Bayreuth möchte am nächsten Dienstag kurzen Prozess mit dem Radentscheid machen und stattdessen Maßnahmen verabschieden die nur noch ansatzweise etwas mit den ursprünglichen Forderungen des Radentscheids zu tun haben. Wir haben deshalb einen offenen Brief an alle Stadträtinnen und Stadträte geschrieben mit der Bitte diese Vorlage zu vertagen um einen echten Kompromiss zu ermöglichen:

Offener Brief an die Bayreuther Stadträtinnen und Stadträte

04. September 2020

Die Stadt Bayreuth möchte am nächsten Dienstag kurzen Prozess mit dem Radentscheid machen und stattdessen Maßnahmen verabschieden die nur noch ansatzweise etwas mit den ursprünglichen Forderungen des Radentscheids zu tun haben. Wir haben deshalb einen offenen Brief an alle Stadträtinnen und Stadträte geschrieben mit der Bitte diese Vorlage zu vertagen um einen echten Kompromiss zu ermöglichen:

Sehr geehrte Stadträtinnen und Stadträte,

nächste Woche wird im Ferienausschuss über die Zulässigkeit unseres Bürgerbegehrens “Radentscheid Bayreuth” abgestimmt. Wir möchten daher im Vorfeld unsere Sicht der Dinge erläutern und zum Rechtsgutachten und der Vorlage der Stadt Stellung beziehen.

Wir wurden am 21.08.20 zu einem Gespräch am 28.08.20 mit dem Oberbürgermeister, dem zweiten Bürgermeister, sowie Herrn Meyer zu Helligen vom Stadtplanungsamt eingeladen. Thema des Gesprächs wurde in der Email nicht benannt.

Im Gespräch wurde uns dann ein Rechtsgutachten des Rechtsamtes der Stadt Bayreuth vorgelegt indem 18 von 22 Sätzen unseres Bürgerbegehren für unzulässig erklärt werden. Gründe für die Unzulässigkeit seien größtenteils “Unkonkrete Fragestellungen”.

Ein Beispiel: Unsere erste Forderung lautet “Die Stadt erhöht ihre Investitionen in den Radverkehr auf mindestens 30 Euro pro Einwohner*in und Jahr.” Laut Rechtsamt gibt es verschiedene Definitionen für den Begriff “Investitionen”. Daher müsse “man feststellen, dass diese Forderung nicht aus sich heraus verständlich ist und die Bürger*innen nicht eindeutig erkennen können, wofür sie ihre Stimme abgeben.”

Wir sind weiterhin von der Zulässigkeit unseres Begehrens überzeugt. Wir haben in einem längeren Prozess nach bestem Wissen und Gewissen versucht die Forderungen so zu formulieren, dass sie für die Bürger*innen verständlich sind sowie den rechtlichen Anforderungen genügen. Unserer Ansicht nach folgt das Gutachten des Rechtsamtes an keiner Stelle dem Grundsatz der “wohlwollenden Auslegung zugunsten der Antragsteller”, welcher bei Bürgerbegehren angewandt werden soll. Das Rechtsamt der Stadt Bayreuth geht anscheinend davon aus, dass 5312 Bürger*innen nicht wussten, wofür sie überhaupt unterschreiben. Wir weisen diese Unterstellung entschieden zurück. In den unzähligen Gesprächen, die wir mit Bayreuther*innen geführt haben, war ein starker Wunsch nach einer Kursänderung deutlich spürbar. Diese Charakterisierung des Rechtsamtes wird wohl wie Hohn in den Ohren der Bürger*innen klingen, die sich mit ihrer Unterschrift eine deutliche Veränderung in der Verkehrspolitik gewünscht und erhofft haben.

Unser Ansicht nach macht die Auslegung des Rechtsamtes das ganze Instrument Bürgerbegehren zu einer Farce. Wenn nur hochspezialisierte Verwaltungsjuristen ein Bürgerbegehren rechtssicher formulieren können wird die Idee eines Bürgerbegehrens ad absurdum geführt. Darüber hinaus würde ein Begehrenstext in Juristendeutsch wohl kaum dazu führen, dass Bürger*innen “eindeutig erkennen können, wofür sie ihre Stimme abgeben.”

Im Gespräch am 28.08.20 wurde unser Bürgerbegehren mit dem genannten Rechtsgutachten kurzerhand abgebügelt. Daraufhin wurden uns Maßnahmen präsentiert, die die Stadt aber trotzdem beschließen möchte. Diese haben sehr wenig mit unserem Begehren zu tun, weite Teile würden einfach ersatzlos gestrichen. Es gab keine Verhandlungen oder den Versuch einen Kompromiss zu erzielen. Es wurde zu erkennen gegeben, dass die Stadt “das jetzt durchziehen wird, egal ob ihr dem zustimmt oder nicht.” Der Ferienausschuss würde den Vorschlag der Stadt annehmen und daraufhin sollten wir das Bürgerbegehren zurücknehmen. Wir hatten bis Montag den 31. August um 12 Uhr Zeit eine Rückmeldung zu geben. Die kurze Zeit sollte uns wohl unter Druck setzen und uns die Möglichkeit nehmen, in irgendeiner Weise auf dieses Ultimatum reagieren zu können. Diese Umgangsweise zeigt, wie viel im Rathaus von ehrenamtlichen Initiativen gehalten wird, die sich in die Stadtpolitik einbringen wollen.

Wir möchten daher an dieser Stelle zwei Dinge klarstellen:

Unabhängig von der Zulässigkeitsentscheidung kann der Stadtrat selbstverständlich weiterhin unsere Forderungen verabschieden. Wir sind immer noch für Verhandlungen offen und haben uns auf die Gespräche mit Ihnen, den Stadträtinnen und Stadträten, gefreut. Unser Ziel war und ist es

gemeinsam eine Lösung zu erarbeiten die einen Gewinn für alle Bayreuther*innen darstellt und unsere Stadt lebenswerter und schöner macht.

Wir haben politische Forderungen gestellt und erwarten darauf eine politische Antwort. Verhandlungen sind dafür der richtige Weg. Die Strategie der Stadt, sich hinter juristischen Spitzfindigkeiten zu verstecken und so mit dem ganzen Thema kurzen Prozess zu machen, wird den vielen tausend Unterzeichner*innen nicht gerecht. Auch wird damit die Diskussion im Stadtrat verhindert.

Auch wenn wahrscheinlich nicht alle von Ihnen jede Forderung unseres Begehrens vorbehaltlos unterstützen. Die Art und Weise, wie hier eine Bürgerinitiative und damit viele tausend Bayreuther*innen abgeschmettert werden sollen, kann niemanden glücklich machen.

Wir bitten Sie daher, unabhängig von der Zulässigkeitsentscheidung:

Stimmen Sie nicht über die Vorlage der Stadtverwaltung zum Radverkehr ab, sondern vertagen Sie diese. Damit bleibt weiterhin die Möglichkeit offen für einen Kompromissvorschlag den alle mittragen können. In den nächsten Wochen könnten wir den schon angedachten Weg durch die Stadtratsgremien gehen und ein Ergebnis erzielen, welches unserem demokratischen Gemeinwesen gerecht wird.

Mit freundlichen Grüßen,

Daniel Brunnabend

Saskia Seibert

Roland Sack

für den Radentscheid Bayreuth

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